Am 02.07.2020 stürmte die Polizei zum zweiten Mal in diesem Jahr das selbstverwaltete Wohnprojekt Lu15. Um sechs Uhr morgens drangen etwa 30 vermummte Polizist*innen völlig überzogen und teilweise rechtswidrig in das Haus und damit auch in das Leben der Bewohner*innen ein. Die Polizeikräfte drangen in alle Zimmer der Wohnung des Beschuldigten und weckten die z.T. noch unbekleideten Bewohner*innen. Daraufhin wurden zwei Demonstrationen organisiert.
Ein Bewohner der Lu15 erklärt: „Wir versuchen unser Leben wieder in normale Bahnen zu lenken. Es bleibt aber ehrlich gesagt immer eine Unsicherheit zurück.“ Eine Unsicherheit, die auf dem wiederholt unberechenbaren Verhalten der Polizei und den nicht nachvollziehbaren Anordnungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft fusst.
Am 04.02.2020 stand auf Grund des Vorwurfs einer versuchten Sachbeschädigung eine Hundertschaft im Haus und misshandelte zudem zeitgleich eine Bewohnerin in Polizeigewahrsam. „Kaum fünf Monate später kommen sie wieder und diesmal ist der vorgeschobene Grund Landfriedensbruch. Es ist lächerlich, wenn die Polizei sagt, alles sei ‚sorgsam entschieden‘ worden und es habe überhaupt nichts mit den unangenehmen Recherchen des betroffenen wissenschaftlichen Mitarbeiters der Linken zu rechten Netzwerken in Polizei, Staat und Bundeswehr zu tun gehabt“, so ein Bewohner der Lu15. Der Verdächtigte ist nachweislich unschuldig, was jedoch offensichtlich nichts ändert. Seine Sachen wurden trotzdem bis heute nicht zurückgegeben, das Verfahren entgegen der Ankündigungen in der Presse nicht eingestellt. Die Aussage des Polizeipressesprechers im Schwäbischen Tagblatt (https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Anwalt-bezichtigt-Staatsanwaltschaft-des-Erpressungsversuchs-465368.html), der Lu15-Bewohner sei nicht erschienen, um die Asservate abzuholen, ist gelogen: Er war am 15. Juli um etwa 18 Uhr in Tübingen und am 20. Juli um etwa 18:30 Uhr in Stuttgart an der jeweils besagten Polizeiwache. Zeug*innen können das bestätigen.
Die Brandschutztür, welche die Polizei im Februar zerstörte, wurde trotz der öffentlichen Zusage dies zu tun, bislang nicht ersetzt. Was die Polizei der Presse mitteilte und ihre Taten stimmen nicht überein. Mittlerweile ist bereits die zweite Tür zerstört worden.
Eine Bewohnerin der Lu15 erklärt: „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir über das Verhalten verwundert wären. Natürlich ist uns bewusst, dass wir als Lu15 u.a. der Polizei und der Staatsanwaltschaft sauer aufstoßen. Schon allein dadurch, dass wir aussprechen, was an Polizei und Staat offensichtlich nicht stimmt. Illegal ist das jedoch nicht. Was das Handeln der Polizei und der Staatsanwaltschaft für uns also wirklich konfus erscheinen lässt, ist, dass es überhaupt keinen Unterschied zu machen scheint, ob wir uns irgendetwas zu schulden kommen lassen oder nicht. In unser Haus eindringen können und werden sie ja scheinbar so oder so. Ob wir uns an die Spielregeln halten, scheint irrelevant. Klar ist, dass sie es nicht tun.“
Sie ergänzt: „Uns stellt sich die Frage, was für eine Reaktion die Polizei von uns erwartet, wenn sie uns entsprechend behandelt. Dass wir aufgeben und den ganzen gegen uns gerichteten Mist und die Ungerechtigkeit in der Welt ignorieren? Urteilsvermögen mangelhaft.“
Die Bewohner*innen der Lu15 sehen ein allgemeines Problem bei der Polizei: „Das Verhalten der Polizei hört leider nicht bei Lügen und illegalen Hausdurchsuchungen auf. Mediale Berichte über Racial Profiling, Einschüchterungsversuche und Morddrohungen sind mittlerweile alltäglich. Für uns stellt sich die Frage: Wer bewacht eigentlich die Wächter*innen?“